Die Belastung des menschlichen Körpers durch Mikroplastik ist höher als bisher angenommen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Menschen über die Atemluft täglich bis zu 100.000 mikroskopisch kleine Plastikpartikel aufnehmen – oft unbemerkt und mit bislang kaum erforschten Langzeitfolgen für die Gesundheit.
Was sind Mikroplastikpartikel – und wie gelangen sie in die Luft?
Mikroplastik sind Kunststofffragmente, die kleiner als fünf Millimeter sind. Sie entstehen durch den Zerfall größerer Plastikteile, aber auch durch Abrieb von Autoreifen, Textilien oder Kosmetikprodukten. Inzwischen sind sie in nahezu allen Umweltbereichen nachweisbar – auch in der Luft, die wir atmen.
Besonders feine Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern (PM10) gelten als gefährlich, weil sie tief in die Lunge eindringen können. Einige dieser Partikel sind sogar so klein, dass sie in den Blutkreislauf oder andere Organe gelangen könnten.
Neue Studie liefert alarmierende Zahlen
Ein Forschungsteam aus den Niederlanden untersuchte mithilfe moderner Simulationen, wie viel Mikroplastik ein Mensch pro Tag einatmet. Grundlage waren reale Umweltdaten aus verschiedenen Regionen, ergänzt durch Messungen der Partikelkonzentration in Innen- und Außenbereichen.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
| Alter/Gruppe | Durchschnittlich eingeatmete Mikroplastikteilchen pro Tag |
|---|---|
| Kleinkinder (0–1 Jahr) | bis zu 40.000 |
| Kinder (1–10 Jahre) | etwa 60.000–70.000 |
| Erwachsene | über 100.000 |
Besonders alarmierend: Kinder sind stärker betroffen, da sie häufiger am Boden spielen, schneller atmen und eine kleinere Lungenkapazität haben. Zudem halten sie sich überdurchschnittlich oft in Innenräumen auf – dort ist die Konzentration an Mikroplastik oft höher als draußen.
Innenräume als Hauptquelle – Teppiche, Kleidung, Möbel
Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist die Rolle der Innenräume. Hier finden sich deutlich höhere Konzentrationen von Mikroplastik als in der Außenluft. Hauptverursacher sind:
- Kunstfaser-Teppiche und -Vorhänge
- Kleidung aus Polyester, Nylon oder Acryl
- Polstermöbel mit synthetischen Füllungen
- Mikroplastik-haltiger Hausstaub
Durch Alltagsaktivitäten wie Staubsaugen, Sitzen oder Spielen werden Partikel aufgewirbelt und gelangen über die Atemwege in den Körper. Besonders gefährdet sind Säuglinge, die viel Zeit auf dem Boden verbringen.
Gesundheitliche Risiken sind noch weitgehend unerforscht
Die langfristigen gesundheitlichen Folgen der Mikroplastikaufnahme durch die Lunge sind bislang unklar. Erste Hinweise aus Tierversuchen deuten jedoch darauf hin, dass Mikroplastik chronische Entzündungen auslösen und möglicherweise sogar das Risiko für Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Störungen und bestimmte Krebserkrankungen erhöhen könnte.
Auch eine Beteiligung an systemischen Entzündungen oder hormonellen Störungen wird diskutiert, da manche Kunststoffe sogenannte endokrine Disruptoren enthalten – chemische Stoffe, die in den Hormonhaushalt eingreifen können.
Was kann jeder selbst tun, um die Belastung zu verringern?
Auch wenn Mikroplastik mittlerweile allgegenwärtig ist, gibt es Maßnahmen, mit denen sich die individuelle Belastung zumindest reduzieren lässt:
- Regelmäßiges Lüften: Frische Außenluft verdünnt die Partikelkonzentration im Raum.
- Verzicht auf synthetische Materialien: Naturtextilien wie Baumwolle oder Wolle bevorzugen.
- HEPA-Filter nutzen: In Staubsaugern oder Luftreinigern können sie Partikel effektiv herausfiltern.
- Weniger Teppiche und Vorhänge: Glatte Bodenbeläge und minimalistische Einrichtung senken den Staubanteil.
- Feucht wischen statt trocken staubsaugen: So werden Partikel besser gebunden.
Forschung steht noch am Anfang
Trotz zunehmender Studien ist das Wissen über die tatsächlichen Auswirkungen von Mikroplastik auf den menschlichen Organismus lückenhaft. Viele Fragen sind offen: Welche Konzentrationen gelten als gefährlich? Wie wirken sich die verschiedenen Kunststoffarten aus? Gibt es Unterschiede in der Toxizität je nach Größe und Form der Partikel?
Klar ist: Mikroplastik ist längst kein reines Umweltproblem mehr. Es betrifft direkt unsere Gesundheit – leise, unsichtbar und möglicherweise mit weitreichenden Folgen.