Die geplante Krankenhausreform in Deutschland sieht eine Neustrukturierung der stationären Versorgung vor, bei der medizinische Leistungen in sogenannte Leistungsgruppen eingeteilt werden. Die Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMST), ein etablierter Behandlungsansatz für chronische Schmerzpatientinnen und -patienten, ist bislang nicht als eigenständige Leistungsgruppe vorgesehen. Dies könnte weitreichende Konsequenzen für die Versorgung von Millionen Betroffenen haben.
Bedeutung der Schmerzmedizin
Chronische Schmerzen betreffen etwa 23 Millionen Menschen in Deutschland, davon leiden rund 2,2 Millionen an schweren, nicht tumorbedingten Schmerzen mit erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen. Die IMST hat sich als wirksamer Therapieansatz etabliert, der medizinische, psychologische und physiotherapeutische Maßnahmen kombiniert. Sie ist unter den OPS-Codes 8-918 und 8-91c normiert und wird regelmäßig durch den Medizinischen Dienst geprüft.
Risiken der aktuellen Reformpläne
Ohne eine eigene Leistungsgruppe droht die IMST in andere Leistungsgruppen wie Innere Medizin, Neurologie oder Orthopädie eingeordnet zu werden. Dies würde bedeuten, dass schmerzmedizinische Einrichtungen fachfremde Mindestvoraussetzungen erfüllen müssten, was in vielen Fällen nicht möglich ist. Ein Abrechnungsverbot nach § 8 Abs. 4 KHEntgG wäre die Folge, was die Existenz vieler spezialisierter Einrichtungen gefährden könnte.
Forderungen der Fachgesellschaften
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. hat gemeinsam mit dem Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin (BVSD), der Arbeitsgemeinschaft nicht-operativer orthopädischer Akutkliniken (ANOA) und dem Berufsverband für Physikalische und Rehabilitative Medizin (BVPRM) einen Vorschlag für eine eigene Leistungsgruppe Schmerzmedizin erarbeitet. Dieser beinhaltet konkrete Qualitätskriterien und wurde dem Bundesgesundheitsministerium sowie den Landesgesundheitsministerien vorgelegt.
Unterstützung aus der Fachwelt
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) unterstützen die Forderung nach einer eigenständigen Leistungsgruppe. Sie betonen, dass die Schmerzmedizin ein wesentlicher Bestandteil der Anästhesiologie ist und eine unzureichende Berücksichtigung im Reformgesetz die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen gefährdet.
Politische Reaktionen
Einige Politikerinnen und Politiker zeigen Verständnis für die Anliegen der Fachgesellschaften. So kündigte der SPD-Bundestagsabgeordnete Thorsten Heinze an, sich für die Einführung einer eigenen Leistungsgruppe Schmerzmedizin einzusetzen, nachdem er auf die Problematik aufmerksam gemacht wurde.
Konsequenzen für die Versorgung
Ohne eine eigenständige Leistungsgruppe könnten rund 40 Prozent der stationären schmerzmedizinischen Angebote entfallen. Dies würde die ohnehin angespannte Versorgungssituation weiter verschärfen. Betroffene müssten mit längeren Wartezeiten und einer geringeren Behandlungsqualität rechnen.
Tabelle: Vergleich der aktuellen und geplanten Struktur
| Aspekt | Aktuelle Struktur | Geplante Struktur ohne eigene Leistungsgruppe | |
|---|---|---|---|
| Abrechnung | Spezifisch für Schmerzmedizin | Eingegliedert in andere Fachbereiche | |
| Qualitätskriterien | Fachspezifisch definiert | Fachfremde Anforderungen | |
| Versorgungssicherheit | Relativ stabil | Gefährdet | |
| Zugang für Patientinnen und Patienten | Direkt und spezialisiert | Erschwert durch Umstrukturierung |
Die Fachgesellschaften appellieren an die Bundesregierung und die Landesregierungen, die Schmerzmedizin als eigenständige Leistungsgruppe in der Krankenhausreform zu verankern, um die Versorgung von Millionen Betroffenen sicherzustellen.