Die Pflege von Menschen mit Krebs ist hochkomplex – und bislang nur unzureichend wissenschaftlich begleitet. Nun stärkt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gezielt die onkologische Pflegeforschung: Fast eine Million Euro fließen in das Projekt PoWEr an der Hochschule Osnabrück unter Leitung von Prof. Dr. Sara Marquard.
Warum Pflegeforschung in der Onkologie wichtig ist
Täglich erhalten etwa 1.370 Menschen in Deutschland eine Krebsdiagnose – in Summe sind rund 4,5 Millionen Personen betroffen. Pflegefachkräfte begleiten Betroffene mittendrin, erleben Krankheitsverläufe mit speziellen Symptomen, Begleiterkrankungen und psychosozialen Herausforderungen – alles Themen, zu denen fundierte Daten fehlen . Pflegewissenschaft soll hier Klarheit schaffen und Versorgung gezielt verbessern.
Zielsetzung des PoWEr-Projekts
PoWEr („Pflegebedürftigkeit und onkologische Erkrankungen“) verfolgt drei Kernthemen:
- Theorieentwicklung: Erarbeitung einer Teilsicht auf ‘‘Pflegebedürftigkeit bei Krebserkrankungen’’, die sich spezifisch mit klinischen Verläufen und langzeitpflegerischen Anforderungen beschäftigt.
- Methodisches Handwerkszeug: Erstellung eines praxisnahen Leitfadens („Guidebook“) zur Analyse von Sekundärdaten (z. B. Pflegedokumentationen), um künftige Studien zu erleichtern.
- Netzwerkbildung: Etablierung eines „Pflegeforschungsnetzwerks Onkologie“, das Expert*innen aus Praxis und Forschung zusammenführt, national und international.
Was passiert in den nächsten drei Jahren?
| Phase | Inhalt |
|---|---|
| Datenerhebung | Zusammenführen und Auswertung vorhandener Daten aus Kliniken, Pflegedokumentationen |
| Theoriebildung | Definition relevanter Konzepte und Modelle für Pflegebedürftigkeit bei Krebs |
| Handbuch-Erstellung | Entwicklung eines praxisgerechten Werkzeugkoffers zur Sekundärdaten-Forschung |
| Community-Aufbau | Verbindung von Pflegewissenschaftlerinnen, klinischen und pflegerischen Expertinnen |
Kontexteinbettung: BMBF-Förderprogramm Pflegeforschung
Das PoWEr-Projekt ist Teil einer größeren Förderinitiative des BMBF zur Stärkung der Pflegeforschung zwischen 2021 und 2028. Mit insgesamt rund 6,6 Millionen Euro wurden acht Projekte unterstützt, die unter anderem neue Lehrstühle, Studiengruppen oder Verbünde ermöglichen sollen. PoWEr ist eines dieser Projekte mit Fokus auf Onkologie.
Bedeutung für die Pflegepraxis und Patient*innen
- Mehr Evidenz schaffen: Pflegeinterventionen können auf Basis belastbarer Daten geplant und verbessert werden – statt nach Gutdünken.
- Relevanz sichtbar machen: Pflegeexpertise wird beim Thema Krebs stärker in den Fokus gerückt – auf Augenhöhe mit medizinischen Disziplinen.
- Nachwuchsförderung: Pflegende erhalten neue Möglichkeiten zur Forschungskarriere – mit Perspektiven außerhalb der Klinik.
Ausblick
Im Juli 2025 startet PoWEr mit einer Laufzeit von drei Jahren. Das ambitionierte Vorhaben verspricht eine wissenschaftliche Fundierung pflegerischer Konzepte in der Onkologie und birgt das Potenzial, in Deutschland eine nachhaltige onkologische Pflegeforschungslandschaft zu etablieren.
Prof. Dr. Sara Marquard und ihr Team zeigen exemplarisch, wie Forschung Enabler für pflegerische Qualität sein kann: durch fundierte Theoriebildung, methodische Klarheit und gemeinsames Agieren in einem Forschungsnetzwerk. Damit gelingt Schritt für Schritt das, was Pflegeforschung seit Jahren fordert: Pflege als wissenschaftlich fundierte Profession und nicht nur als fürsorgende Tätigkeit zu begreifen.