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Neue S3-Leitlinie zur Kariesprävention: Fluorid bleibt Goldstandard – individualisierte Prophylaxe rückt in den Fokus

Credits : iStock.com/undefined undefined

Mit der Veröffentlichung der neuen evidenzbasierten S3-Leitlinie zur „Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen“ setzen Fachgesellschaften ein klares Signal für eine präventiv orientierte Zahnmedizin. Die Empfehlungen bieten Zahnärztinnen und Zahnärzten eine praxisnahe Orientierung, um Kariesrisiken in unterschiedlichen Altersgruppen gezielter vorzubeugen – unter Berücksichtigung individueller Risikofaktoren und Lebensumstände.

Fluorid als zentrale Säule der Prävention

Die Leitlinie bestätigt die zentrale Rolle von Fluorid in der Kariesprävention und stützt sich dabei auf zahlreiche hochwertige Studien. Sowohl fluoridhaltige Zahnpasten als auch professionelle Applikationen – etwa mit Lacken oder Gelen – bleiben Kernbestandteile der Prophylaxestrategien.

Empfohlene Fluoridanwendung (nach Altersgruppe und Risiko):

AltersgruppeStandardrisikoErhöhtes Risiko
Kinder (6–12 Jahre)1.000 ppm Fluorid, 2× täglichzusätzlich Fluoridlacke alle 3–6 Monate
Jugendliche (12–18 Jahre)1.450 ppm Fluoridggf. hochdosierte Produkte und häufiger Recall
Erwachsene1.450 ppm Fluoridggf. zusätzliche Fluoridgels, Chlorhexidin-Lacke
Senior:innenFluorid-Zahnpaste, ggf. Kombi mit ZinnfluoridFokus auf Wurzelkaries-Prävention

Individualisierte Prophylaxe statt Einheitsstrategie

Die Leitlinie unterstreicht, dass pauschale Empfehlungen der heutigen zahnmedizinischen Realität nicht mehr gerecht werden. Stattdessen wird ein stufenweises Vorgehen propagiert, bei dem individuelle Risikoprofile, soziale Rahmenbedingungen, Ernährungsgewohnheiten und die Mundhygienekompetenz der Patientinnen und Patienten stärker berücksichtigt werden.

Einige Kernaussagen der Leitlinie:

  • Nicht jede Läsion muss invasiv behandelt werden: Frühe Kariesstadien sollten primär remineralisiert statt gebohrt werden.
  • Risikobasierter Recall: Häufigkeit von Kontrollterminen soll am individuellen Kariesrisiko orientiert werden, nicht an starren Intervallen.
  • Motivierende Gesprächsführung (MI): Kommunikation und Patientenpartizipation gelten als Schlüsselfaktoren für nachhaltige Mundgesundheit.

Bedeutung für die Versorgungspraxis

Die Leitlinie ist für die tägliche Praxis von hoher Relevanz: Zahnärztliche Teams erhalten wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen, die sich differenziert anwenden lassen – sowohl in der Einzelpraxis als auch in strukturierten Präventionsprogrammen, etwa in Pflegeeinrichtungen.

Besonderes Augenmerk gilt:

  • Patienten mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen
  • Senior:innen mit eingeschränkter Mundhygienefähigkeit
  • Jugendlichen mit erhöhtem Konsum kariogener Lebensmittel

Hier fordert die Leitlinie eine gezielte Intervention, etwa durch Schulungen für Pflegepersonal, abgestimmte häusliche Mundhygienehilfen oder den Einsatz von fluoridfreisetzenden Versiegelungen.

Wissenschaftlich breit abgestützt

Herausgegeben wurde die Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) in Kooperation mit weiteren Fachgesellschaften und Organisationen. Das Vorgehen entspricht den Kriterien der evidenzbasierten Medizin, inklusive systematischer Literaturrecherche, strukturierter Konsensbildung und externem Review.

Mit der S3-Leitlinie liegt erstmals ein umfassender, konsentierter Maßnahmenkatalog zur Kariesprävention bei bleibenden Zähnen vor – ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer präventionsorientierten Zahnheilkunde, die auf Wissensbasierung statt Gewohnheit setzt.

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