Die Vagusnervstimulation (VNS) rückt zunehmend in den Fokus der psychiatrischen Forschung und Praxis als vielversprechende Option für Menschen mit therapieresistenter Depression. Insbesondere für Patientinnen und Patienten, bei denen herkömmliche Behandlungsansätze wie Medikamente und Psychotherapie nicht den gewünschten Erfolg bringen, bietet diese Methode neue Hoffnung.
Was ist Vagusnervstimulation?
Die VNS ist ein neurochirurgisches Verfahren, bei dem ein kleines, schrittmacherähnliches Gerät unter die Haut im Brustbereich implantiert wird. Von dort aus sendet es über eine Elektrode regelmäßige elektrische Impulse an den linken Vagusnerv im Hals, der diese Signale an bestimmte Hirnregionen weiterleitet, die für die Stimmungsregulation verantwortlich sind. Die Stimulation erfolgt typischerweise alle fünf Minuten für etwa 30 Sekunden.
Für wen ist VNS geeignet?
Die VNS-Therapie ist für Erwachsene mit chronischer oder wiederkehrender Depression zugelassen, die auf mindestens vier verschiedene antidepressive Behandlungen nicht ausreichend angesprochen haben. In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für den Eingriff, allerdings ist die Behandlung derzeit auf spezialisierte Zentren beschränkt.
Aktuelle Studienlage
Internationale Studien belegen die Wirksamkeit der VNS bei therapieresistenter Depression. In einer US-amerikanischen Studie mit 493 Teilnehmenden wurde bei etwa der Hälfte der Probanden das VNS-Gerät aktiviert. Diese Gruppe zeigte signifikante Verbesserungen der depressiven Symptome im Vergleich zur Kontrollgruppe. Langzeitbeobachtungen deuten darauf hin, dass etwa 50 % der Patienten nach zwei Jahren eine deutliche Besserung erfahren, wobei rund 20 % eine vollständige Remission erreichen.
Nebenwirkungen und Risiken
Wie bei jedem chirurgischen Eingriff gibt es auch bei der VNS potenzielle Risiken. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Heiserkeit, Husten, Schluckbeschwerden und Atemnot während der Stimulation. Diese Symptome treten meist nur während der aktiven Stimulationsphasen auf und nehmen mit der Zeit ab. In seltenen Fällen kann es zu Infektionen oder Problemen mit den Stimulationsparametern kommen.
Nicht-invasive Alternativen
Neben der implantierbaren VNS gibt es auch nicht-invasive Methoden wie die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS), bei der der Nerv durch die Haut, beispielsweise am Ohr, stimuliert wird. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse, insbesondere bei der Behandlung körperlicher Symptome von Depressionen wie Appetitveränderungen oder Verdauungsproblemen.
Fazit
Die Vagusnervstimulation stellt eine bedeutende Erweiterung des therapeutischen Spektrums für schwer behandelbare Depressionen dar. Trotz der invasiven Natur des Verfahrens und möglicher Nebenwirkungen bietet sie vielen Betroffenen eine neue Perspektive, insbesondere wenn andere Behandlungsansätze ausgeschöpft sind. Die kontinuierliche Forschung und Weiterentwicklung in diesem Bereich lassen hoffen, dass die VNS künftig noch breiter eingesetzt werden kann.