Im Ringen um die geplante Krankenhausreform in Deutschland signalisiert der Bund ein deutliches Entgegenkommen gegenüber den Ländern. Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kürzlich bekannt gab, will die Bundesregierung zentrale Punkte des Reformvorhabens überarbeiten, um den Widerstand der Bundesländer abzumildern und den Weg für eine gemeinsame Umsetzung zu ebnen.
Die Reform, die das Ziel verfolgt, die stationäre Versorgung in Deutschland effizienter, qualitativ hochwertiger und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten, steht kurz vor der politischen Weichenstellung. Im Zentrum der Debatte: Die umstrittene Einführung von sogenannten Leveln und Leistungsgruppen, die die Kliniklandschaft strukturell neu ordnen sollen.
Kliniken sollen in Stufen eingeteilt werden
Ein Kernelement der Reform ist die Einteilung der Krankenhäuser in Versorgungslevel (Level 1i bis 3). Diese sollen künftig darüber entscheiden, welche Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und wie es finanziert wird. Ergänzend dazu werden Leistungsgruppen eingeführt – also definierte medizinische Fachbereiche wie Geburtshilfe, Orthopädie oder Intensivmedizin –, deren Vorhaltung künftig an Qualitäts- und Strukturvorgaben gekoppelt sein wird.
Die Kritik der Länder: Der Bund greife zu tief in ihre originären Zuständigkeiten ein – etwa bei der Krankenhausplanung. Auch die Sorge vor massiven Klinikschließungen in ländlichen Regionen treibt viele Ministerpräsidenten um.
Zugeständnisse des Bundes
Um einen breiten Konsens zu ermöglichen, kündigte Lauterbach folgende Entgegenkommen an:
- Erweiterung der Spielräume bei Leistungsgruppen: Die Länder sollen bei der Ausgestaltung der Leistungsgruppen und ihrer Zuweisung an Krankenhäuser mehr Flexibilität erhalten.
- Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum: Spezielle Regelungen für strukturschwache Regionen sollen verhindern, dass flächendeckende Versorgung ausgedünnt wird.
- Schrittweise Umsetzung: Anstelle eines harten Umstellungsdatums wird über gleitende Übergangsfristen verhandelt.
Zudem wurde betont, dass Investitionen in moderne Infrastruktur über einen Transformationsfonds gezielt unterstützt werden sollen – auch um kleinere Häuser für neue Versorgungsformen zu ertüchtigen.
Gemeinsame Bund-Länder-Arbeitsgruppe steht vor Abschlussbericht
Seit Monaten tagt eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, um die Reform konsensfähig zu machen. Ein abschließender Bericht mit konkreten Vorschlägen zur Umsetzung wird in den kommenden Wochen erwartet. Bereits im Juli soll das Gesetz vom Bundeskabinett beschlossen und im Anschluss in Bundestag und Bundesrat eingebracht werden.
Ziel ist es, die Reform noch 2025 in Kraft treten zu lassen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Zustimmung des Bundesrats – und damit ein Einvernehmen mit den Ländern.
Kliniksterben oder Modernisierung?
Die Reform gilt als eines der zentralen Vorhaben der Ampelkoalition im Gesundheitswesen. Während der Bund vor allem Qualitätssicherung und Strukturreformen betont, warnen Kritiker vor einem „Kahlschlag“ der Kliniklandschaft. Gesundheitsökonomische Studien legen nahe, dass ein effizienteres, stärker spezialisiertes System langfristig nicht nur Kosten spart, sondern auch die Behandlungsqualität verbessert.
Doch insbesondere Länder wie Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen pochen auf eine stärkere Berücksichtigung regionaler Besonderheiten. Die Reform müsse – so der Tenor – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich tragfähig sein.
Bedeutung für Patientenversorgung und ärztliche Praxis
Für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Notaufnahmen und Pflegeeinrichtungen wird die Reform spürbare Auswirkungen haben. Eine stärkere Spezialisierung der Kliniken könnte etwa Zuweisungswege verändern oder Kooperationen mit einzelnen Einrichtungen neu ordnen. Gleichzeitig bietet die Neuausrichtung Potenzial für verlässlichere Versorgungsstrukturen – sofern sie mit Bedacht geplant und umgesetzt wird.