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Europas Kinderärzte schlagen Alarm: Zuckersteuer und Werbeverbote zum Schutz der Kindergesundheit gefordert

Credits : iStock.com/tatyana_tomsickova

Europas Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte fordern entschiedenere Maßnahmen gegen ungesunde Ernährung bei Kindern. Im Zentrum der aktuellen Debatte steht eine europaweite Zuckerabgabe auf stark gesüßte Lebensmittel und Getränke – flankiert von strengen Werbebeschränkungen, die Kinder vor gezieltem Marketing für ungesunde Produkte schützen sollen.

Die Forderungen stammen von der European Academy of Paediatrics (EAP), einem Zusammenschluss von Kinderärztinnen und Kinderärzten aus über 30 Ländern. Die Botschaft ist klar: Die gesundheitliche Belastung durch Fehlernährung nimmt dramatisch zu – und die bisherigen politischen Maßnahmen reichen nicht aus, um Kinder effektiv davor zu schützen.

Epidemie der Ungesundheit: Übergewicht und Diabetes bei Kindern auf dem Vormarsch

Europa steht vor einer ernährungsbedingten Gesundheitskrise. Der Konsum stark zuckerhaltiger Produkte – insbesondere Softdrinks, Snacks und Frühstückszerealien – hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Die Folgen zeigen sich schon im Kindesalter:

  • Steigende Raten von Übergewicht und Adipositas
  • Frühzeitige Typ-2-Diabetes-Diagnosen
  • Zunehmende Herz-Kreislauf-Risikofaktoren
  • Karies und andere zahngesundheitliche Probleme

Die EAP weist darauf hin, dass ungesunde Ernährung zu den größten vermeidbaren Krankheitsrisiken zählt – mit enormen Folgekosten für die Gesellschaft. Besonders problematisch: Werbeformate in sozialen Medien, Streamingdiensten und Apps sprechen gezielt junge Zielgruppen an und fördern ein verzerrtes Ernährungsverständnis.

Forderungskatalog der EAP: Konkrete Maßnahmen für bessere Kindergesundheit

Die European Academy of Paediatrics ruft die EU-Mitgliedstaaten sowie die Europäische Kommission zu sofortigem Handeln auf. Im Zentrum stehen vier zentrale Forderungen:

MaßnahmeZielsetzung
Einführung einer ZuckersteuerReduktion des Konsums stark gesüßter Produkte
Verbot von KindermarketingSchutz vor gezielter Werbung für Süßigkeiten, Snacks und Softdrinks
Nährwertkennzeichnung (z. B. Nutri-Score)Verbraucheraufklärung und bessere Orientierung beim Einkauf
Förderung gesunder Ernährung in Schulen und KitasStärkung der Prävention und Bildung

Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Mexiko haben mit Zuckerabgaben bereits erste Erfolge erzielt. In Großbritannien sank der Zuckergehalt vieler Produkte nach Einführung der Steuer deutlich – eine Entwicklung, die laut EAP auch in Deutschland und anderen EU-Staaten realisierbar wäre.

Deutschland zögert: Kritik an freiwilligen Vereinbarungen

In Deutschland setzt die Politik bislang überwiegend auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie – mit überschaubarem Erfolg. Die Reformulierungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde zwar gestartet, zeigt jedoch kaum messbare Fortschritte beim Zucker- und Fettgehalt vieler Produkte.

Die EAP kritisiert dieses Vorgehen als unzureichend. Besonders Werbebeschränkungen seien ein „Schlüsselhebel“, der von der Politik bislang zu zögerlich eingesetzt werde. Zwar liegt seit 2023 ein Referentenentwurf des BMEL für ein Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel vor, doch der politische Widerstand ist groß – vor allem aus Teilen der Wirtschaft und einiger Lobbyverbände.

Gesundheitspolitik mit Rückgrat gefordert

Kinderärzte und -ärztinnen fordern eine gesundheitspolitische Kehrtwende. Die Verantwortung dürfe nicht allein bei Familien liegen, sondern müsse strukturell gelöst werden – etwa durch verbindliche Regeln für Hersteller und Händler.

Neben Prävention gehe es auch um Chancengleichheit: Kinder aus einkommensschwachen Haushalten seien überproportional von Fehlernährung betroffen. Maßnahmen wie subventioniertes Schulessen oder regulierte Lebensmittelpreise könnten hier gegensteuern.

Die EAP appelliert an die europäischen Entscheidungsträger, die kommenden Monate zu nutzen, um Gesundheitsschutz in konkrete Gesetzgebung zu überführen. Denn das Zeitfenster sei begrenzt – und jede Verzögerung verschärfe die gesundheitliche Lage einer ganzen Generation.

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